Ich zeige hier eine Serie von Postkarten, die die Sänger der Opernsaison 1900/1901 am Théâtre de la Monnaie in Brüssel abbilden. Es sind insgesamt 14 Karten, die jeweils auf der Hälfte der Vorderseite (in einem Fall auch auf der gesamten Vorderseite) das Foto eines Künstlers zeigen. Um die Jahrhundertwende veränderten sich die Ansichtskarten. War früher die Rückseite nur für die Adresse reserviert und das Bild meist nur auf einem Teil der Vorderseite, so dass man daneben noch etwas schreiben konnte, bürgerte sich dann ein, dass man seine Nachrichten neben die Adresse schrieb und die Bildseite alleine für sich stand. Die Karten hier sind ungelaufen und unbeschrieben. Ich habe die Bilder der Sänger jeweils herausgehoben und die unbedruckte Hälfte in den Scans weggelassen.
Charles Dalmores |
Charles Dalmores kam 1900 an das Théâtre de la Monnaie und war zu dieser Zeit noch recht unbekannt. Er wirkte dort bis 1907 und ging 1910 nach Amerika, nachdem er 1908 in Bayreuth den Lohengrin gesungen hatte. Nähere Informationen gibt der Artikel aus dem Sängerlexikon:
Charles Dalmores, Tenor, * 21.12.1871 Nancy, † 6.12.1939 Los Angeles; eigentlicher Name Henri Alphonse Brin. Er erhielt eine Ausbildung als Hornist an den Konservatorien von Nancy und Paris und wirkte zwei Jahre als Hornist im Colonne Orchester, weitere zwei Jahre im Orchestre Lamoureux in Paris. Seine Stimme wurde durch Dauphin in Paris entdeckt und durch Vergnet ausgebildet. Debüt 1899 in Lyon unter dem Namen Charles Brin als Loge in einer konzertanten Aufführung von Wagners »Rheingold« Bühnendebüt Oktober 1899 als Siegfried am Opernhaus von Rouen; er kam 1900 an die Oper (Théâtre de la Monnaie) von Brüssel und hatte dort bis 1906 sehr große Erfolge; er wirkte in Brüssel auch in der Uraufführung der Oper »Le Roi Arthus« (30.11.1903) von E. Chausson mit. Er sang in Brüssel auch Wagner-Partien (so u.a. 1901 den Siegfried in der Premiere der »Götterdämmerung«) und 1903 den Cavaradossi in der Premiere von Puccinis »Tosca« zusammen mit Claire Friché. 1902 kreierte er auch für Paris den Siegfried in der »Götterdämmerung« bei den Aufführungen dieses Werks am Théâtre Château d'Eau. Während dieser Zeit studierte er nochmals das Wagner-Repertoire bei Franz Emmerich in Stuttgart. Seit 1904 sang er bis 1911 alljährlich an der Londoner Covent Garden Oper; hier wirkte er auch am 28.6.1905 in der Uraufführung der Oper »L'Oracolo« von Franco Leoni mit, 1904 in der englischen Erstaufführung von Massenets »Hérodiade« (unter dem Titel »Salome«), 1910 in der der Oper »Habanéra« von Laparra. 1906-10 hörte man ihn am Manhattan Opera House in New York. Hier sang er 1907 in der amerikanischen Premiere von Massenets »Thaïs«, 1909 in der Erstaufführung von Massenets »Sapho«, 1910 in der von »Grisélidis«, ebenfalls von Massenet. Er gastierte 1907-08 an den Opernhäusern von Köln, Berlin, Wien und Hamburg, 1910 nochmals an der Berliner Hofoper, am Stadttheater von Hamburg und am Hoftheater Hannover. 1908 sang er bei den Festspielen von Bayreuth den Lohengrin. 1910-12 gehörte er zum Ensemble der Chicago-Philadelphia Opera Company; 1913-18 war er als erster Tenor an der Oper von Chicago engagiert. Seit 1914 trat er an mehreren Opernhäusern in der Partie des Parsifal auf. Neben den Wagner-Heroen waren seine Glanzrollen der Titelheld in Gounods »Faust«, der Jean in »Le jongleur de Notre-Dame« von Massenet und der Julien in »Louise« von Charpentier, dazu der Pelléas in Debussys »Pelléas et Mélisande«. Er wirkte nach Abschluß seiner Bühnenkarriere als Gesangpädagoge in Frankreich, dann in New York und zuletzt in Los Angeles. Er galt als passionierter Sportler (Boxen, Reiten etc.). - Voluminöse, kraftvolle Tenor
[Lexikon: Dalmorès, Charles Tenor. Kutsch/Riemens: Sängerlexikon, S. 5101 (vgl. Sängerlex. Bd. 1, S. 764 ff.) (c) Verlag K.G. Saur]
Pierre d'Assy |
Pierre d'Assy sang bereits sei 1899 am Monnaie und war dort sehr beliebt. Er blieb bis 1907 dort und starb sehr früh im Alter von 42 Jahren im Jahr 1910.
d'Assy, Pierre, Baß, * 1867 Lüttich, † März 1910 Lyon; gegen den Willen seiner Familie studierte er Gesang bei Jacques Bouhy in Paris. Als er dort am Théâtre Porte St. Martin auftrat, hörte ihn der Direktor der Oper von Lyon und engagierte ihn sogleich als ersten Bassisten für sein Haus, wo er in der Saison 1897-98 als Kardinal in »La Juive« von Halévy debütierte. Nachdem er in Lyon als Sarastro in der »Zauberflöte« und in Gounods »Reine de Saba« erfolgreich aufgetreten war, wurde er 1898 an das Théâtre de la Haye im Haag verpflichtet. 1899 kam er an das Théâtre de la Monnaie in Brüssel und sang als Antrittspartie dort den Ramphis in »Aida«. Bis 1907 gehörte er zu den erfolgreichsten Ensemblemitgliedern dieses größten belgischen Opernhauses. 1902 wirkte er hier in der französischen Premiere der Oper »La Fiancée de la Mer« (»De Bruid der Zee«) von Jan Blockx in der Partie des Morik mit; er sang auch in den Brüsseler Erstaufführungen von Charpentiers »Louise« (1901) und »Pepita Jimenez« von d'Albeniz (1905) und wirkte dort 1900 in der Uraufführung von »Tijl Ulenspiegel« von Jan Blockx, 1905 in der Uraufführung der Oper »Martylle« von A. Dupuis mit. Er heiratete die gleichfalls in Brüssel engagierte Opernsängerin Jeanne Paquot-d'Assy (1878-1959) und ging mit ihr zusammen 1907 an die Grand' Opéra Paris. Seine Debütrolle an diesem Opernhaus war der Hunding in der »Walküre«. Er sang in Paris weiter Partien wie den Landgrafen im »Tannhäuser«, den Capulet in »Roméo et Juliette« von Gounod und den König in »Hamlet« von Thomas. Er starb auf dem Höhepunkt seiner Karriere während eines Gastspiels in Lyon.
Schallplatten: Sehr viele Aufnahmen auf HMV, die in den Jahren 1907-10 in Paris entstanden sind.
[Lexikon: d'Assy, Pierre. Kutsch/Riemens: Sängerlexikon, S. 5241 (vgl. Sängerlex. Bd. 1, S. 785 ff.) (c) Verlag K.G. Saur]
Felia Litvinne |
Felia Litvinne, eine bei Sammlern sehr bekannte und beliebte Künstlerin, gastierte 1901 lediglich als Brünnhilde bei der (belgischen?) Premiere der Götterdämmerung im Monnaie. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits in Europa und Amerika international bekannt und seit 20 Jahren künstlerisch aktiv. Genaueres kann man im Artikel aus dem Sängerlexikon nachlesen.
Litvinne, Felia (Wassiljewna), Sopran, * 31.8.1860 St. Petersburg, † 12.10.1936 Paris; ihr eigentlicher Name war Françoise-Jeanne Schütz; ihr Vater war russischer, ihre Mutter kanadischer Abstammung. Sie kam mit 15 Jahren nach Paris und studierte dort bei Mme Barthe-Banderali, bei Victor Maurel und bei der berühmten Pauline Viardot-Garcia. 1880 trat sie in Paris erstmals öffentlich auf. 1883 sang sie unter dem Namen Felia Litvinova am Téâtre-Italien in Paris, und zwar ersetzte sie die plötzlich erkrankte Fidès Devriès als Amelia (Maria) in Verdis »Simon Boccanegra«. Sechs Monate später fand ihr offzielles Debüt am gleichen Haus als Elvira in Verdis »Ernani« statt. Nach Gastspielen in Genua und Barcelona unternahm sie 1885 ihre erste Nordamerika-Tournee mit der Mapleson Opera Company. 1886-88 sang sie am Théâtre de la Monnaie Brüssel; 1889 kam sie an die Grand Opéra Paris, wo sie als Antrittsrolle die Valentine in den »Hugenotten« von Meyerbeer vortrug. Es folgten glänzende Gastspiele in aller Welt. In den Jahren 1890-96 hatte sie große Erfolge an der Mailänder Scala, 1890 feierte man sie an den Hofopern von St. Petersburg und Moskau. Sie wurde vom russischen Zaren zur Hofsängerin ernannt und inszenierte auch einige Opern an russischen Theatern. An der Metropolitan Oper New York sang sie in der Saison 1896-97 als Antrittsrolle die Marguerite de Valois in den »Hugenotten« von Meyerbeer und übernahm in dieser einen Spielzeit neun Partien, die sie in 22 Vorstellungen vortrug, darunter auch Wagner-Partien, die sie inzwischen in ihr Repertoire aufgenommen hatte. 1899-1910 war sie Jahr für Jahr als Gast an der Covent Garden Oper London anzutreffen. 1899 kreierte sie für Paris am Théâtre Nouveau die Isolde im »Tristan«, 1902 am Théâtre du Château d'Eau die Brünnhilde in der »Götterdämmerung«, 1911 an der Grand Opéra die Brünnhilde in der ersten Pariser Gesamtaufführung des Nibelungenrings. Am 24.2.1906 sang sie an der Oper von Monte Carlo in der Uraufführung der Oper »L'Ancêtre« von Saint-Saëns, 1901 in Brüssel die Brünnhilde in der Premiere der »Götterdämmerung«, 1905 in Amsterdam gegen den Protest von Bayreuth die Kundry im »Parsifal«. Ebenfalls 1905 hatte sie einen ihrer größten Erfolge, als sie in der Arena von Béziers die Titelrolle in »Armide« von Gluck vortrug. Sie setzte ihre weltweite Gastspieltätigkeit bis 1917 fort, als sie in Paris von der Bühne Abschied nahm. 1919 trat sie nochmals am Theater von Vichy auf; bis 1924 erschien sie im Konzertsaal. 1927 erhielt sie eine Professur am Amerikanischen Konservatorium in Fontainebleau. Zu ihren Schülerinnen gehörten u.a. Germaine Lubin und Nina Koshetz. Sie veröffentlichte ihre Memoiren unter dem Titel »Ma vie et mon art« (Paris, 1933). Ihre Schwester Hélène Schütz war mit dem berühmten Bassisten Édouard de Reszke (1853-1917) verheiratet. - Hervorragend schöne dramatische Sopranstimme, voll Leidenschaftlichkeit des Ausdrucks, zugleich von größter Flexibilität; ihre Gestaltung der Armide von Gluck gilt bis heute als unübertroffen.
Schallplatten der Marken G & T (Paris, 1903), Fonotipia (Paris, 1905), Odéon de Luxe (Paris, 1907) und Pathé, alle recht selten.
[Nachtrag] Litvinne, Felia (Wassiljewna); sie sang in Brüssel 1887 in den französischsprachigen Erstaufführungen der »Walküre« (als Brünnhilde) und von Ponchiellis »La Gioconda« (als Titelheldin). 1893 unterbrach sie ihre Karriere nach einer Heirat, nahm sie aber nach der Auflösung der Ehe 1895 wieder auf. 1897 debütierte sie an der Metropolitan Oper New York als Valentine (nicht als Marguerite de Valois) in Meyerbeers »Hugenotten«. Sie sang in deren New Yorker Haus in 24 Vorstellungen (dazu in 19 Vorstellungen während der Gastspieltournee des Ensembles) u.a die Marguerite im »Faust« von Gounod, die Chimène in »Le Cid« von Massenet, die Selika in Meyerbeers »Africaine«, die Elsa im »Lohengrin«, die Isolde im »Tristan«, die Aida und die Brünnhilde im »Siegfried«. Sie gastierte am Teatro Costanzi in Rom (1888 als Valentine, als Königin im »Hamlet« von A. Thomas und als Leonora in Donizettis »La Favorita«) und an der Mailänder Scala (1890 als Königin im »Hamlet«, 1895 als Catarina de Aragon in »Henri VIII.« von Saint-Saëns, 1896 als Dalila, 1907 als Brünnhilde in der »Götterdämmerung«). An der Oper von Monte Carlo hörte man sie 1896 (als Valentine) und regelmäßig 1905-09 (als Selika, als Hélène in der gleichnamigen Oper von Saint-Saëns, als Donna Anna im »Don Giovanni«, als Gioconda von Ponchielli, als Brünnhilde im Nibelungenring, als Natasha in »Rusalka« von Dargomyshski und 1914 als Kundry im »Parsifal«).1902 unternahm sie eine große Konzerttournee durch Deutschland mit Auftritten in Berlin und Dresden, 1906 gab sie Gastspiele an den Opernhäusern von Köln, Frankfurt a.M. und Dresden, am Deutschen Theater Prag und Konzerte in Wien, 1909 gastierte sie in München, 1901 und 1904 am Théâtre de la Monnaie Brüssel, 1908 am Teatro San Carlo Neapel (Brünnhilde in der dortigen Premiere der »Götterdämmerung«). Am 14.3.1911 wirkte sie an der Oper von Monte Carlo in der Uraufführung der Oper »Déjanice« von Saint-Saëns mit, 1914 sang sie an der Opéra-Comique die Titelrolle in »Alceste« von Gluck. - H.M. Barnes & V. Girard: Felia Litvinne (in »Record Collector«, 1953).
[Lexikon: Litvinne, Felia. Kutsch/Riemens: Sängerlexikon, S. 14566 (vgl. Sängerlex. Bd. 6, S. 468 ff.) (c) Verlag K.G. Saur]
Marie Thièrry gastierte 1900 im Alter von 30 Jahren in Brüssel zur dortigen Uraufführung von "La Boheme". Sie war eigentlich an der Opéra Comique in Paris engagiert. Sie gab früh ihre Karriere auf und starb mit 48 Jahren.
Thierry, Marie, Sopran, * 9.5.1870 Châlons-sur- Marne, † 1918 Paris. Sie wollte zunächst Pianistin werden, studierte dann Gesang am Conservatoire National Paris bei Mauverisay und bei dem Dirigenten Alexandre Luigini (1850-1906), den sie heiratete. Debüt 1898 an der Oper von Lyon als Juliette in »Roméo et Juliette« von Gounod. Bereits 1898 kam sie an die Opéra-Comique Paris, an der sie bis 1907 sang. Man hörte sie dort in den großen Partien aus dem Koloraturfach, auch 1903 in der Uraufführung der Oper »Muguette« von Edmond Missa, 1905 in der Uraufführung der Oper »L'Enfant Roi« von A. Bruneau. Sie war in Paris so beliebt, daß sie nur selten im Ausland gastierte. 1900 sang sie am Théâtre de la Monnaie Brüssel die Mimi in der dortigen Erstaufführung von Puccinis »La Bohème« 1902 war sie nochmals in Brüssel zu Gast. Sie gab ihre Karriere früh auf.
Ihre einzigen Schallplattenaufnahmen erschienen bei Pathé, darunter einige, bei denen sie von ihrem Gatten am Flügel begleitet wird.
[Lexikon: Thierry, Marie. Kutsch/Riemens: Sängerlexikon, S. 24119 (vgl. Sängerlex. Bd. 5, S. 3463 ff.) (c) Verlag K.G. Saur]
Jean Vallier |
Jean Vallier sang als Bass, lebte von 1863 bis 1952 und nahm 1907 eine Handvoll Titel bei der französischen Gramophone sowie mindestens zwei Edison-Zylinder auf.
Nun folgen noch Fotos von Künstlern, über die ich nichts herausfinden konnte. Informationen sind immer willkommen!
Madame Doria |
Diese Madame Doria hat nichts mit der bekannten Sängerin Renée Doria zu tun, die erst 1921 geboren wurde und eigentlich Renée Dumazert hiess. Eventuell hat sie sich aber nach dieser Madame Doria benannt. Vielleicht hat sie sie bewundert oder hatte Unterricht bei Ihr?
Madame Gottrand |
Madame Maubourg |
Mr. Handerson |
Mr. Mondaud |
Meine Suche nach den oben abgebildeten Sängerinnen und Sängern blieb erfolglos. Es ist schade, dass das Monnaie, das auf eine lange Geschichte zurückblickt, nicht ebenso wie z.B. die Met ein Verzeichnis früherer Künstler und Vorstellungen ins Internet gestellt hat.
Mr. Massart |
Monsieur Massart in einem orientalischen Rollenkostüm |
Dem letzten hier gezeigten Künstler sind sogar zwei Karten gewidmet, davon die einzige aus der Serie, bei der die gesamte Vorderseite mit dem Bild bedruckt ist. Auch über ihn fand ich keine Informationen. Leider besitze ich sehr wenige Quellen über die französische und belgische Oper und warte immer noch auf ein Buch, das zu diesem Thema einmal auf deutsch erscheint.
So sehen die Karten im ganzen aus und so ist die Rückseite gestaltet:
Beispiel aus dem Internet für eine beschriebene Karte. Leider lässt der Text keine Rückschlüsse auf den Künstler zu.